Art Market

Da sitzt sie. Vergnügt und locker. Ein kürzlich hergestellter Ballonhut schmückt Marlenes Kopf. Manch einer würde dies als albern betrachten, doch es ist einfach lustig und die Stimmung ist ausgelassen. Wir sitzen beisammen und haben Spaß. Ich probiere mich mit Larry am Indian Leg Wrestling und verliere natürlich. Kaum einer würde glauben, dass die beiden, der Großteil von Marlene, den Art Market in Calgary organisiert haben. Es ist Samstagabend. Die Crew sitzt beisammen und lässt den Tag ausklingen. Viele Besucher strömten durch die Eingangstore und verschafften nicht nur den Künstlern ein Lächeln auf die Lippen, sondern natürlich auch den Besitzern. Aber nicht nur des Geldes wegen, sondern vielmehr aufgrund der Wertschätzung. Viele Schau- und Kauflustige haben uns auf dem Weg nach draußen noch schnell mitgeteilt, dass es eine großartige Show war und der Art Market der beste seiner Art in Calgary ist. Doch um all das zu ermöglichen war viel Arbeit von Nöten. Lassen wir den organisatorischen Teil einmal außen vor waren die letzten paar Tage gut gefüllt mit allerlei Aufgaben. Und der Mittwoch sowie Sonntagwar zusätzlich auch noch körperlich ziemlich anstrengend. Der Art Market ist vorüber. Nach vier Tagen Betrieb, sieben Tagen Arbeit und gut 60 Stunden Arbeitszeit alleine für mich, genieße ich jetzt ein wenig die Ruhe. Aber der Reihe nach.

Wiedersehen mit den Loneys

Der Sonntag war ruhig. Bedingt durch die Fahrt im Bus war ich ziemlich ausgelaugt und groggy in der Birne. Bettzeit war um neun PM für mich. Ungewöhnlich, doch mein Körper schrie danach, denn ich schlief ganze zwölf Stunden durch. Montag war der Tag des Wiedersehens mit Larry und Marlene, doch zuvor vertrieb ich mir die Zeit in Calgary. Dabei blieb ich allerdings in der Innenstadt und wanderte auch durch Chinatown. Hier und dort knipste ich ein Bild. Verirren war nicht wirklich möglich, hatte ich doch zusätzlich zum simplen Straßenaufbau kein wirkliches Ziel vor Augen. Irgendwann schritt ich jedoch in Richtung des C-Trains, um zur Sunnyside Station gefahren zu werden. Mit Marlene machte ich aus, dass ich gegen 2:30 PM vor ihrem Mietapartment stehen werde. Und da waren sie wieder: Der Cowboy und seine Frau! Es war schön die beiden nach so „langer“ Zeit endlich wieder zu sehen! Marlene führte mich kurz herum und konnte mir aufgrund der Anzahl von Personen keinen eigenen Raum anbieten. Stattdessen bezog ich mein Bett unter der Treppe. Eine Brille habe ich schon, fehlt nur noch die Narbe und die Illusion Harry Potter zu sein wäre perfekt gewesen. Doch ich sah an diesem Tage nicht nur die Loneys wieder, sondern auch Merly, Kurtis, Debbie und Karl von der Rainer Farm und lernte auch neue Leute kennen. Nichole und Jason, Verwandte von Larry. Gemeinsam mit den Leuten der Rainer Farm ging ich etwas essen und war gespannt auf den nächsten Tag.

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Busy Tuesday

Meine Nacht war nicht sehr lang. Neuer Ort, ungewohnter Schlafplatz und aus einem mir unerfindlichen Grund fing der Boiler mitten in der Nacht an zu arbeiten. Aber natürlich nicht heimlich und diskret, sondern feierte eine dicke Party. Ohrstöpsel! Dies führte wiederrum dazu, dass ich einen seichten Schlaf hatte, da ich befürchtete den Wecker nicht zu hören und und und. Doch die Vibration rüttelte mich pünktlich zum Frühstück um 7 AM wach. Eine Stunde später saßen wir zu viert im Truck, warteten auf ein Umzugsunternehmen um die Weihnachtskränze, -bäume und anderes Zeugs aus einer Garage zu holen. Den restlichen Tag verbrachten wir im Telus Convention Center. Es waren eine Menge Helfer dort und wir bauten die Weihnachtsbäume zusammen, stellten sie an den rechten Fleck und kümmerten uns darum, dass jeder einzelne auch mit Strom versorgt war. Ich baute gefühlt tausende kleine Ikeatische zusammen und half generell beim Aufbau. Das Eintreffen der Künstler war für den nächsten Tag geplant. Der rote Teppich markierte die Gehwege in der großen Halle und die Ställe waren mit schwarzem Stoff abgetrennt. Wir arbeiten gute zehn Stunden ehe alles soweit eingerichtet war, dass wir zufrieden waren. Ich wurde bereits vor Mittwoch gewarnt, denn lange und harte Arbeit erwartete uns.

Crazy Wednesday

Meine zweite Nacht war nicht unbedingt besser, doch bereits um 7 AM fand ich mich in der Loading Bay des Centers wieder. Es sollte also beginnen. Die Planung sah es vor, dass die Künstler ein bestimmtes Zeitfenster haben, in welchem sie in der Bay erscheinen durften. Das sollte sicherstellen, dass nicht alle 200 Teilnehmer gleichzeitig antanzten. Das Prozedere war denkbar einfach: Künstler rollt an, wir bringen Transportwagen (Carts), helfen beim Entladen, lassen uns die Standnummer geben und bringen die Ware direkt dorthin. Währenddessen sucht der Künstler einen Parkplatz und schafft so Raum für den nächsten. Teilweise war dies wirklich ein harter Job, denn die Sachen hatten ein deftiges Gewicht und es galt eine Rampe zu überwinden, um vom Dock zur Halle zu gelangen. Nach ein paar Abwicklungen fühlte ich mich wie bei einem Umzugsunternehmen. Oft half ich auch dabei die Sachen wieder von den Carts zu entladen. Irgendwann kam eine Künstlerin an und bat um Hilfe beim Aufbau von Ikeaschränken. Zufällig war ich in der Nähe und bot ich mich an ohne zu wissen, ob ich das überhaupt hinbekommen würde. Ich lieh mir den Leatherman von Larry und gemeinsam mit Élan baute ich die Schränke auf. Das war aber wirklich keine große Herausforderung, dennoch hatten wir unseren Spaß! Generell hatte ich einige tolle, kurze Unterhaltung mit super netten Künstlern und schon während des Aufbaus ist mir ein Stand besonders ins Auge gefallen. Wirklich beeindruckende Malereien von Tieren schmückten ihren Stand und ich musste erst einmal stehen bleiben. Ich fragte nach den Preisen und viel fast hinten über…1.800 Dollars… Nicht gerade Taschengeld und in dem Moment wurde mir auch bewusst, welche Zielgrupp der Art Market anspricht. Er ist eben nicht so ein kleiner Weihnachtsmarkt mit Made in China Artikeln wie in Hamburg, sondern es handelt sich hier um wirklich beeindruckende Kunst. Wir koordinierten, schoben Carts, be- und entluden wie die Verrückten bis 9 PM. 14 Stunden Arbeit…ich war ziemlich geschafft, aber es war schön zu sehen wie der Art Market Stück für Stück Form annahm und wie die Stände sich über die Zeit entwickelten.

Chilly Thursday and Friday

Donnerstag war der große Eröffnungstag. Ab halb zehn bildete sich bereits eine Schlange vor den Eingangstoren. Die letzten Vorbereitungen (Kasse, Infostand, etc) wurden vorgenommen. Kurz vor zehn eröffneten die Kassen. Die Besucher strömten in den Vorraum. Über die vier Tage verteilt gab es ein Gewinnspiel, beim dem alle Interessierte eine Karte mit persönlichen Daten ausfüllten und in einen großen Topf schmissen. Meine Aufgabe war simpel. Ich saß am Ausgang und stempelte die Personen, die kostenlos für den Tag zurückkommen wollten. Generell konnten die Gäste, sofern sie einmal bezahlt haben, jeden anderen Tag kostenlos wieder eintreten. Dafür mussten sie nur eine Karte unterschreiben und wieder mitbringen und dann erneut unterzeichnen. Generell hatte ich aber sehr unterschiedliche Aufgaben über beide Tage. Mal saß ich an der Kasse, half bei der Annahme und Rückgabe von gekauften Waren der Kunden (zur Aufbewahrung), saß generell viel am Infostand und beantwortete Kundenbelange und weiß nicht wie oft ich „Have a good day.“ gesagt habe. Es war interessant zu beobachten, wie die Leute, zumindest gefühlt, darauf warteten angesprochen zu werden wenn es um den Free-Entry-Pass ging. Sie schauten zum Infostand, unterhielten sich meist auch noch darüber, ob sie wiederkommen werden, konnten sich aber nicht recht entscheiden. Die direkte Ansprache und Frage, ob sie nicht doch vielleicht einen Pass brauchten mündete oft in: „Yeah, why not?“. Ich versuchte so viele wie möglich davon zu überzeugen so einen Pass auszufüllen und ich weiß auch nicht, wie oft ich das Prozedere erklärt habe. Unzählige Male… Ab und zu streifte ich selber durch die Reihen und unterhielt mich mit einigen Austellern über ihre Arbeit, ihr Leben, übers Reisen und co. Es war wirklich mega spannend und ich habe diese Einblicke und Gespräche am meisten genossen. Zwei boten mir sogar an mal bei ihnen vorbeizuschauen wenn ich mal in der Nähe bin um dort ein paar Tage zu verbringen oder sogar zu helfen. Gute 20 Stunden habe ich die beiden Tage zusammen gearbeitet.

Workfree Saturday and super crazy Sunday

Am Samstag schickte mich Marlene in die Stadt, da genug Arbeitskräfte verfügbar waren. Das kam mir sehr gelegen, denn meine Hose riss an einer ziemlich unpassenden Stelle. Ich fuhr zu einem Second Hand Shop und konnte sogar zwei Jeans finden (meine beiden bisherigen haben sich total verabschiedet) für 18 Dollars. Für weitere zehn Dollars legte ich noch ein paar Schuhe (Sommerschuhe, denn mit Winterboots Indoor zu stehen ist wirklich nicht angenehm…) oben drauf. Günstiger Einkauf! Über den Tag viel keine Arbeit für mich an, so dass ich durch die Stadt streifte. Abends gab es dann die besagt Hausparty, bei der Marlene und Larry mit Luftballons durch die Gegend liefen und Sonntag war wieder ein Horrortag. Ab fünf PM schloss der Art Market für dieses Jahr seine Pforten und wir bereiteten uns darauf vor, alle Künstler aus der Halle zu schaffen. Wir waren eine Unmenge an Helfern und während wir uns darum kümmerten die roten Teppiche einzurollen, wurden die Stände abgebaut. Das System war durchdacht und sah vor, dass zuerst die Ställe aufgeräumt werden, daraufhin wird die Sauberkeit kontrolliert und es wird ein bestimmte Anzahl von Carts ausgegeben. Der Künstler geht zum Dock und holt sich diese ab, lädt sie voll und parkt dann das Auto in der Loading Bay. Im Anschluss bringen die Helfer die Carts zum Auto. Damit nicht 200 Leute gleichzeitig auf die Carts losgehen werden nach und nach Nr. aufgerufen. Doch perfekt war es natürlich nicht. So kam es schon einmal vor, dass wir mit zwei weiteren Carts zu einem Stand gelaufen sind, alle Sachen aber bereits verstaut waren. Die Koordinatorin hat aber dennoch einen meisterhaften Job hingelegt und jeder Sekunde den Überblick bewahrt und konnte gut durch die guten sechs Stunden navigieren. Zum Brüllen war jedoch, dass Marlene und Nichole in Super- und Batwomen Kostüm unterwegs waren. Einfach herrlich und Larry hatte ein Cap mit Fakewuschelhaaren auf. Zum Schreien und es passt einfach perfekt und natürlich spielte er auch total auf cool. Irgendwann fragte ich erneut, was ich tun soll und bekam die vorsichtige Antwort, dass wir es wohl geschafft haben. Wow…es war mittlerweile kurz vor elf PM und auch die Weihnachtsbäume und co. im Eingangsbereich waren wieder verpackt. Gegen kurz nach elf waren wir dann tatsächlich mit allem durch. Ich war ziemlich knülle, begann mein Arbeitstag schon um neun AM. Pizza stand bereit und Marlene und Nichole berichteten über ihre Erfahrungen, wie gut der Art Market von den Künstlern aufgefasst und nicht gerade selten gesagt wird, dass es sich um den besten Markt seiner Art in ganz Nordamerika handelt. Nirgendwo sonst wird so gut auf die Aussteller eingegangen und sich um sie gekümmert. Vor allem das Team habe hervorragend dazu beigetragen und Marlene bestätigte dies durch ihre eigene Sicht ebenfalls. Der Vorteil wenn die Mannschaft nur aus Familie und Freunden besteht. Zum Abschluss bekamen wir unsere Paychecks und verabschiedeten uns. Für viele wird es nächstes Jahr ein Wiedersehen geben und wer weiß, vielleicht für mich auch? Gestern war ich noch im Bass Pro Shop. Ein riesiger Schuppen voller Artikel für Jäger und andere Verrückte. Es gab dort alles. Irgendwie. Und er war gut aufgebaut und interessant gestaltet. Bei weitem nicht der Größte seiner Art aber für mich schon ein kleines Erlebnis.

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Willkommen Fischer, Jäger und andere Lügner. Okay.
OLYMPUS DIGITAL CAMERA OLYMPUS DIGITAL CAMERA Was für ein Feuerplatz….
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Nächster Halt: Back to Whitehorse!

Gestern brachten wir die Bäume und all das andere Zeugs wieder zurück zur Garage. Damit war der Art Market endgültig für mich beendet. Marlene und Nichole haben noch einige wichtige Dinge zu tun und planen bereits für das nächste Mal. Morgen ist es dann auch schon wieder soweit. Ich werde meinen Flug Richtung Whitehorse antreten. Ganze vier Stunden wird er dauern! Stellt euch das mal vor…das ist so irre lang! Just kidding. Die Zeit hier empfand ich als sehr schön! Die Arbeit war stellenweise hart und anstrengend, mein Schlafmangel tat sein übriges zur Sache. Es war schön Larry und Marlene wieder zu sehen und natürlich auch den Art Market selbst. Neben dem Fakt Geld dadurch verdient, freue ich mich natürlich darüber auch einfach helfen gekonnt zu haben. Am meisten haben mir aber wieder einmal die vielen Gesprächen und neuen Kontakte gefallen! Es hat mir einmal mehr gezeigt, dass meine Reise die beste Entscheidung ist, die ich bisher treffen konnte. Reisen hat seine Tücken, aber es öffnet dir nie erahnte Türen und Tore, zeigt dir Orte von denen du nie geträumt gewagt hast und bringt dich zu Leuten, die du ansonsten nie treffen würdest. Alleine das Gefühl in Calgary angekommen zu sein und morgens in aller Früh zu verstehen wie ich wohin komme ist es Wert eine Reise anzutreten. Das Unbekannte, Neue und Spannende. Out of your box! Erlebe den Ah-Moment der dich für den Rest deines Lebens verändert wird. Tatsächlich habe ich ausreichend verdient, dass meine Reisekosten mehr als genug gedeckt sind. Der Aufenthalt im Apartment hat mir ebenfalls viel Geld eingespart. Ich habe ein wenig von Calgary sehen können und bin froh die Reise angetreten zu haben. Dazu habe ich viel gelernt, gemacht sowie viel erlebt. All in all war es einfach eine großartige Zeit mit verrückten Leuten, interessanten Künstlern und viel Arbeit.

Der Eingangsbereich mit KassenIMG_1959 IMG_1960 IMG_1961 IMG_1962Der Infostand…“would you like to come back at the weekend?“ und „have a good day!“
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Superman in der Küche bei uns!
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Hier zwei Adressen
Art Market: http://www.artmarketcraftsale.com/
Geile Malereien: http://veroniquebottaro.com/

Euer Christian

PS: Die Bilder vom Art Market sind mit Handy geschossen. Sorry for that!

2 Gedanken zu „Art Market“

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