„Caverhill is always ´home´ for you!“

Chain-Chain-Chainsaaaaaaaaaaaaw!

Die Stille wird von einem jaulenden Geräusch durchbrochen. Holz ächzt. Späne fliegen durch die Luft. Das Jaulen pausiert. Es knackt. Majestätisch senkt sich der massive Baum gen Boden. Es knirscht und knackt lauter, umliegende Bäume werden vom toten Holz in Mitleidenschaft gezogen. Geäst von anderen Bäumen fällt gleichzeitig zu Boden. Es rumst! Der Baum kommt zum erliegen. Kurze Zeit später ertönt wieder das jaulende Geräusch. Ich sitze mit Haley etwas entfernt vom Geschehen und finde es faszinierend wie leichtfertig Larry ein Baum nach dem anderen umpflügt. Nun gut, jahrelange Erfahrung seit dem er in der 20ern ist muss sich ja irgendwie auch auswirken. Vor mir liegen drei Dinge. Ein Kanne mit zusätzlichem Sprit und ein Behälter mit Öl für die Kettenmonster. Das dritte Teil ist eine weitere Kettensäge. Meine Kettensäge. Zumindest für die nächste Zeit. War das Ding nicht gefährlich?

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Einweisung? Check!

Larry war sich die letzte Zeit nicht so sicher. Marlene hatte es zwei/dreimal zu Tisch gebracht, dass es doch cool wäre, wenn er mir beibringt eine Kettensäge zu bedienen. Ja…ja…nein. Nicht so wirklich. Larry ist mit zwar mit seinem Lieblingsspielzeug extrem gut vertraut, hat über die Jahre aber nicht den Respekt vor diesen Werkzeugen verloren. Gestern hat es aber scheinbar „Klick“ gemacht. Er sprach davon bei John Henry hinten ein paar Bäume zu fällen. Ich könnte ihm dabei helfen. Mit einer Kettensäge! Öhm, ja klar! Irgendwie waren meine Gefühle durchwachsen. So viele Storys hatte ich nun mittlerweile gehört, dass mir schon etwas mulmig zu Mute war. Andererseits wollte ich das schon immer mal ausprobieren. Wenn nicht hier wo denn dann? Ich zog meine Arbeitsschuhe mit Stahleinlagen an und folgte ihm in seinen Shop. Eine Einweisung stand auf dem Plan, nachdem er mir noch eine Kevelaer-Schutzhose zum überziehen gab. Da lag sie. Die Wundersäge. In klein.

„Don´t do what I am doing. I am nuts!“

Ich lernte etwas über das Nachfüllen des Benzins und Öls, wie das Ding gestartet sowie ausgebremst wird und auch über den richtigen Halt während der Bedienung zeigte und erklärte mir Larry etwas. Der Arm, der die Säge hält, muss permanent angespannt sein, falls sie sich beschließt auf Grund von Widerständen sich auf in Richtung eigenen Körper zu machen. Zum Abschluss Verglich er noch einmal die Größe der Kettensägen und ließ mich Gewichtstechnisch beide selbst vergleichen. Öhm ja, himmelweiter Unterschied! Stolz erzählt er mir, dass er damit 8 Stunden durch die Gegend rennen und schnitzeln kann. Mit 68 Jahren ist das eine starke Hausnummer! Auf dem Weg zum Gelände sagt er mir noch, dass ich bloß nicht das nachmachen soll, was er macht. Er ist verrückt! Natürlich mit einem fetten Grinsen. Ja, das ist in der Tat beruhigend! Bewaffnet mit Säge, Helm und Ohrschutz sollte es also losgehen, was?

Anstrengend

Bevor ich dann letzten Endes beginnen konnte zeigte er mir was ich genau machen sollte. Meine Aufgabe bestand darin das Geäst vom eigentlichen Baumstamm abzutrennen. Sozusagen die Gliedmaßen des Sauerstoffspenders. Gut, dass die Bäume schon tot sind. Und kein Blut als solches Austritt wenn sie umgesägt werden. Ich startete also wie ein Profi (schön eben auf dem Boden liegend) die Maschine und versuchte für die Ausführung ein Gefühl zu gewinnen. Gar nicht so leicht. Sowohl im Sägen aber auch tragen selbst. Es klappte, lief aber nicht so rund. Ich muss mit Vollspeed an die Äste? Achso. Ja, klappt besser. Das schnätzeln durfte also beginnen! Ast für Ast trennte ich vom Ursprung ab und merkte recht schnell, dass ich diese Arbeit so gar nicht gewohnt bin. Meine Arme machten sich bemerkbar. Hey! Das ist nicht fair…immerhin hatte ich doch schon die kleinste Säge…egal. Ich machte weiter und Larry ließ mich sogar einmal kurz alleine weiterarbeiten. Später sagte er mir, dass er das nicht machen würde, wenn er sich nicht sicher wäre das ich das Teil auch beherrsche. Schönes Kompliment! Da muss ich wohl irgendwas richtig gemacht haben. Zusammen sägten wir uns durchs Gehölz, die Späne und Teile des Baumes flogen umher und trafen mich, aber es machte vor allem eines: SPASS!

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„I don´t want to be a grown up.“

Nach guten zwei Stunden hörten wir auf. Gut für meine Arme, denn ich glaube kaum das ich wirklich viel länger durchgehalten hätte. Und geschwitzt habe ich wie ein Verrückter. Nicht vor Angst, sondern vor Anstrengung. Larry musste lachen. Ja, Cityboy ist halt anders. Dennoch meinte er, dass ich gute Arbeit geleistet habe und fragte mich, ob ich einen Rückstoß ab und zu hatte. Ich verneinte und bekam als Antwort, dass ich dann wohl sicherer Säge als er. Na ja, immerhin meinte er ja selber, dass er nuts ist, nicht wahr? Wir machten uns noch einmal zum Haupttrail auf den Weg, denn Larry wollte einen großen Baum fällen. Das war großartig zu sehen und das Video, welches ich gemacht habe, bringt es einigermaßen zur Geltung. Nachdem der Baum zu Boden gekracht war, rief Larry mir keck zu: „How was that?“ Ja, er liebt sein Spielzeug!

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Das Ende einer Season

Die Tage zuvor haben wir weitere Aufräumarbeiten verrichten. Ich half dabei drei der fünf Boote vom Steg in eine Hütte zu verstauen (echt anstrengend, da mit Höhenunterschied…), ruderte mit ihm und Haley auf einer Art großem Holzfloß zum Steg (dort wo der Schlauch der Wasserpumpe der Hauptcabin im Wasser mündet, damit das Wasser nicht so schnell zufriert) und säuberte das Ice Haus mit Chlor. Benebelt machten Larry und ich uns im Nachgang daran eine der Cabins von innen zu streichen. Nach gut drei Stunden konnten wir die Pinsel fallen lassen, denn wir hatten es geschafft. Gar nicht so entspannt bei unebener Wand. Zum Abschluss des Tages bin ich noch mit Marlene zum Caverhill Peak (Aussichtspunkt) gelaufen. Hin und zurück. Ja, gelaufen! Wesentlich interessanter und spannender als in einem langweiligen Park, bei dem der Boden eben ist. Na klar war es gefährlicher und ich bin auch zweimal umgeknickt, aber ich wurde mehr gefordert, da es eben wirklich über Stock und Stein ging. Zum Schluss des Trails bin ich richtig gesprintet und habe die komisch guckende Haley überholt, die mir aber sofort hinterher gestrazt ist. Wir waren somit gute 45 Minuten unterwegs. Nun merke ich meine Beine aber auch ein wenig…

„This is no goodbye!“

Larry und ich sind für die letzten beiden Tage, die ich hier in der Lodge verbringe, alleine. Marlene musste auf Grund einer Familienangelegenheit Caverhill verlassen. Zum gemeinsamen Abschluss haben die beiden sich bei mir großzügig bedankt und mir vor allem das größte Geschenk gemacht, was sie mir aus meiner Sicht geben können: Sie haben Caverhill als mein „zu Hause“ erklärt. Ich kann jederzeit wiederkommen und soll mich melden, wenn ich in Problemen stecke. Auch kann ich gerne dieses Jahr wiederkommen oder im nächsten, um ihnen dabei zu helfen Eis für das Ice Haus zu sammeln und gleichzeitig Caverhill im Winter kennenzulernen. Ich musste meine Freude in Tränen schon etwas unterdrücken…so unbeschreiblich herzlich…Nebenbei half mir Marlene noch dabei für weitere Helfereinsätze für den Winter zu schauen und motivierte mich ununterbrochen, nachdem die Northern Lights Lodge in den Northwest Terretories auf meine Anfrage verneint hatte. Ich glaube sie mögen mich und ich mag die beiden auf jeden Fall! Als sie sich von mir verabschieden wollte sagte ich, dass ich selbstverständlich früh aufstehen werde, um sie auch am Tag ihrer Abreise zu verabschieden (6:30 AM wollte sie los). Ich sagte nur: „I hate goodbyes.“ Ihre Antwort stimmte mich fröhlich: „This is no goodbye!“ Das hoffe ich aus tiefstem Herz sehr!

Euer Christian

5 Gedanken zu „„Caverhill is always ´home´ for you!““

  1. Kettensäge: Es hat dir anscheinend sehr viel Spaß gemacht – Du machst mir Angst. 🙂 Aber – wo bleibt der Bär?

    Es ist doch schön, so nette und herzliche Menschen kennen zu lernen. Das gibt doch in der Fremde Halt. Ich freue mich für dich so, dass du so tolle Erfahrungen sammelst und wünsche dir, dass es so bleibt.

    1. Das hat es in der Tat! 😀 Aber Angst? Das ist mir ja was ganz Neues 😀 Und der Bär kommt noch. Hat er gesagt. Nur nicht wann…

      Danke! Ich lasse mich überraschen, ob die Erfahrungen weiterhin so positiv bleiben 🙂

  2. Wow, dass mit dem Bäume sägen ist ja cool- dürfen wir dich nächstes Jahr für Prerow einspannen?
    Die Worte von Marlene und Larry haben mich übrigens tatsächlich ein bisschen zu Tränen gerührt O:)
    DU bist eben ein toller Typ und dass haben die zwei wohl erkannt. Viel erfolg deiner weiteren Reise und auf dass du noch weitere so tolle Leute triffst.
    PS: Mit der Kleidung siehst du richtig nach einem Typen aus, der Ahnung hat von dem was er da tut 😛

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