It´s all about Whitehorse

Den Prinzen verlassen

Es regnet. Mal wieder. Dicke Tropfen fallen vom grauen und tristen Himmel. Wolken wohin man nur schaut. Der Wecker klingelt früh und dennoch fällt es gar nicht so schwer aufzustehen. Die Sachen sind soweit gepackt und stehen bereit mitgenommen zu werden. Der Prinz ist tot. Es wird Zeit zu gehen. Auch wenn die Tage sehr schön waren ist die Stadt mit den meisten Regentagen in Kanada ausgeluscht. Selbst das Kino war mit insgesamt neun Besuchern ein Wahrzeichen der Massenansammlung. Zum Frühstück werden die Reste verzehrt und um kurz nach acht klappen die Autotüren. Wir sind auf dem Weg zum Supermarkt. Proviant ist wichtig. Immerhin haben wir gute 1.300 Km vor uns. Den Cassier Highway. Das Ziel: Das weiße Pferd. Whitehorse im Yukon. Mein erster Provinzwechsel und die Erfüllung meines Wunsches weiter in den Norden zu reisen.

Cassier Highway

Aufgrund der Distanz teilten wir die Fahrt gedanklich in zwei Tage. Wir sind übrigens Philipp, der Besitzer des Autos und Sarah, die Schweizerin. Oh und natürlich ich, aber ihr kennt mich ja schon ein wenig. Anyway, die Fahrt nahm ihren Lauf Sonntag in der Früh. Kurz nach neun ließen wir den traurigen Hafen hinter uns und hofften sehr, dass das Wetter sich nur auf die Küste konzentriert. Grau in grau. Wolken und Regen. Der Prinz weinte und schickte seine Tränen hinterher, denn es wurde einfach nicht besser. Der Scheibenwischer kam nicht zur Ruh und beschwerte sich mit Quietschgeräuschen. Sarah hatte ein kleines Heftchen mit Informationen über den Cassier Highway und so entschlossen wir uns den Salmon Glacier anzuschauen. So ein riesen Eisding. Halt einfach geil! Und: Mit einem Abstecher in Alaska! Ha! Das geile: Keine Grenzkontrolle in die USA, aber dafür zurück nach Kanada. Wir bogen also in Richtung Stewart/Hyder ab und hatten etwas Sorge um die Tankfüllung. Der Wagen schluckte ziemlich gut und Tankstellen sind rar gesäht. Teilweise liegen hunderte Kilometer dazwischen und natürlich hatten wir keinen Kanister dabei. Aber: Kein Problem! Kurz vor Schluss fuhren wir auf einen Gas-trader in Stewart. Angeblich soll die Strecke nach Stewart/Hyder eine der schönsten in Nordamerika sein. Gut das wir so wenig davon gesehen haben…

Glacier Salmon

Da waren wir nun. In Alaska! Auf amerikanischen Boden! Schon lustig zu sehen wenn auf der selben Straße die Nationalflaggen vor den Häusern wechseln. Wir wussten nicht so wirklich wo wir lang mussten und scheinbar war der Glacier weiter entfernt als wir annahmen, denn wir fuhren ziemlich lange auf einer rutschigen Schotterpiste. Gut das wir Allradantrieb hatten! Da die Aussicht (haha) auf eine gute Sicht sich gen null aufhielt entschlossen wir wieder umzudrehen. Damn it! Die Bilder lassen ansatzweise vermuten, welch Schauspiel dort auf uns gewartet hat. Aber so ist es nun mal. Man kann nicht immer gewinnen! Weiter ging es auf dem Cassier Highway und die Dunkelheit verdrängte langsam das Tagesgeschehen. Ich war ziemlich froh darüber eine sichere Fahrt zu haben, denn auf dem Highway war so gut wie nichts los. Trampen wäre in der Tat ein wirkliches Abenteuer geworden.

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Zwischenstopp in Iskut

Die Nacht war da. Dunkel und so. Wir überlegten wie und wo wir einen Halt einlegen wollten. Oder konnten. Viel Auswahl war auf dem Weg jedenfalls nicht. Die paar Dörfer hielten nicht sehr viele Möglichkeiten parat. Schlussendlich wurde es dann Iskut. In einem beautiful Motel…Ein Schild begrüßte uns mit: „Hunters are welcome!“ Okay. Wir fragten nach einem Zimmer und ja, es gab sogar noch eines. Für 107 Bucks…Die Idee war es das Sarah und ich uns das Zimmer teilen und Philipp im Auto pennt, um Geld zu sparen. Wir hatten kein Zelt für drei Personen und wenn wir alle im Car gepennt hätten wäre es seeeehr eng geworden. Nun, Philipp stieg mit ein, so dass wir den Preis durch drei teilen konnten. Awesome! Mit Gaskocher bewaffnet kochten wir uns Nudeln und irgendwas mit Gemüse und so Zeugs. Wobei ich die meiste Zeit damit beschäftigt war die beiden mit meiner Kamera zu belästigen. Das Zimmer…kein Wort dazu. Eine Absteige und ich war dankbar nur eine Nacht hier verbringen zu müssen. Der Geruch alleine im Eingangsbereich des Motels… Nach der ersten Hälfte von „Wolf of Wallstreet“ schlüpften wir in unsere Schlafsäcke und stellten den Wecker auf eine frühe Uhrzeit. Keine Sekunde länger hier bleiben als notwendig!

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Watson Lake

Das Wetter versprach eindeutig besser zu werden am Montag! Die Sonne strahlte und die Helikopter starteten direkt neben uns. In der Nähe war eine Kupfermine und die Helis brachten die Arbeiter als auch Materialien dorthin. Wir aßen Porridge zum Frühstück, packten unser Zeugs wieder ins Auto und brausten davon. Es war merklich kälter geworden und vereinzelt sah man Frost und Schnee. Die Landschaft ist traumhaft! So extrem weitläufig und abwechslungsreich. Eben noch führt der Highway direkt auf einen Berg zu und im nächsten Moment hat man eine wunderschöne Sicht auf eine „unendliche“ Weite. Auch einen Teil mit verbrannten Bäumen durchquerten wir. Dort wütete 2010 ein großes Feuer, so dass die Bäume wie Zahnstocher aus dem Boden ragten. Schlussendlich erreichten wir die Grenze zum Yukon und machten nach einem kurzen hin und her einen Abstecher in Watson Lake. Wir wollten uns das Northern Lights Planetarium anschauen und fanden den Sign Post Forrest. Eine Fläche mit mehr als 50.000 Schildern von der Heimat der Besucher. Jede Menge deutsche Schilder waren darunter. Krass zu sehen, aber nach einer kurzen Zeit war mein Gehirn ziemlich überfordert von dem ganzen Input und irgendwie hörte es auch nie auf mit den Schildern. Dennoch ziemlich geil! Das Planetarium hatte natürlich geschlossen…also auf nach Whitehorse! Knappe weitere 500 Kilometer auf dem Alaska Highway.

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Welcome to Whitehorse

Wir erreichten das Hostel in Whitehorse gegen kurz vor neun. Hatten sie noch Zimmer frei? War überhaupt noch jemand da? Zum Glück konnten wir beides mit YES beantworten und bekamen eine Cabin draußen im Garten. Normalerweise sind diese ab Oktober geschlossen aufgrund der Kälte, doch sie (Nancy) machte eine Ausnahme. War sogar günstiger für uns. Zuerst mussten wir jedoch den Test durch den Hund bestehen. Eine zehn Jahre alte Dame die bei den Yukon Quests teilgenommen hat. Sie machte allerdings wenig Anstalten sich vom warmen Bett zu erheben. Die Türen im Hostel stehen die ganze Nacht offen. Auf unsere Frage wie das ist mit Fremden meinte Nacy nur, dass sie ja den Hund habe. Was ein guter Wachhund, der zu lazy ist uns abzuchecken 😀 Das Hostel selbst ist sehr niedlich und familiär aufgebaut. Sehr gemütlich und chillig! Philipp verließ uns am nächsten Tag und machte sie auf den Weg nach Tagish, um dort einer freiwilligen Arbeit auf einer Farm nachzugehen. Während des Tages trafen wir auf Jan. Ein anderer Reisender der vorschlug zu den Hot Springs zu fahren. Eine Art Schwimmbad mit heißem Quellwasser. Klang sehr gut! Problem: Kein Auto! Weiteres Problem: Nach sechs PM hatten alle Verleihstationen zu. Doch es gab schon einen neuen Plan. Nancy teilte uns mit, dass es gegen 2 AM zu einem Blutmond kommen wird. Wir blieben also wach, spielten Schach und quatschten. Dumm nur, dass der Mond wohl einen technischen Defekt hatte und nicht das tat, was die Menschen vorhersagten. Oder wir sahen es nicht. Keine Ahnung, jedenfalls war nix los da oben und schon gar nix war rot. Was da los?

Wasn das?

Am Mittwoch schafften wir es nach langem hin und her tatsächlich ein Auto zu mieten. Es war nicht so wirklich sicher wer nun mitkommt und die Kosten sind für Reisende immer ein fester Bezugspunkt für Aktionen. Im Nachhinein bin ich mega happy, dass wir diese Kiste gemietet hatten! Wir fuhren abends zu den Hot Springs. Diese waren so lala. Nicht wirklich natürlich aufgebaut, was aber nach Mathias, ein anderer Deutscher (Einwanderer) und Mitarbeiter der Hot Springs am Alter liegt. Es ist aber bereits ein Neubau geplant. Wie dem auch sei, dass Wasser war schön warm und wir plantschten zu dritt im Quellwasser herum. Wir schnackten noch mit Mathias und über seinen Weg eine permanente Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Er sagt das sei ziemlich einfach, solange man nur einen Job hat. Besonders im Yukon ist es einfacher als in anderen Provinzen. Mir gefällt der Gedanke schon ein wenig. Auf dem Rückweg machten wir noch einen Abstecher bei einem Billardcafe und beschlossen in der Stadt noch etwas zu essen. Pizza war unser Plan, doch kein Laden verkaufte es so, wie wir es gerne hätten. Nämlich in Slices. Hungrig verließen wir das Lokal und wankten in der Kälte zum Auto. Ich schaute zum Horizont und dachte erst es seien Scheinwerfer. Dann wurde mir bewusst was es nur sein konnte. Echt jetzt?

Fucking Nordlichter!

Ja scheiße! Nordlichter! Verdammt! Was? Wirklich? Eindeutig! Grün und hell zogen sie sich über den Himmel, tanzten, veränderten und bewegten sich. WTF…nicht mal zwei Tage im Yukon und schon Nordlichter? Wir rasten zu MacDonalds und direkt im Anschluss zum Hidden Place, eine kleine Aussichtsplattform etwas abseits der Stadt. Da standen wir. Mit Pommes und Burger, mampfend und Nordlichter schauend. Und das krasse: Sie wurden immer stärker! Sie waren direkt über uns, tanzten dort, bewegten sich wie Flaggen im Wind hin und her, verbanden sich und lösten sich wieder auf. Extrem! Einfach nur geil! Ein wunderschönes Naturschauspiel und einfach spektakulär! Meine Kamera bekam es nicht auf die Reihe und das Problem war sowieso, dass ich kein Stativ dabei hatte. Aber Sarahs Kamera schoss sehr schöne Fotos…Magie. Keine Ahnung warum. Wahrscheinlich bin ich einfach nur zu blöd. Alle Bilder die ihr von den Nordlichtern hier seht sind von Sarah. Also wegen Copyright und so 😉 Das sind sie also. Nordlichter…so lange habe ich davon geträumt und nun habe ich sie endlich selber gesehen. Was ich allerdings nie gedacht hatte, dass wenn ich sie mal sehe ich dabei Fritten in der Hand habe. That is the Canadian way of life, eh?

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Und Schnee!

Die Nordlichter waren in aller Munde im Hostel. Jeder hatte sie irgendwie gesehen und das besondere war, dass sie selbst direkt in der Stadt super gut zu sehen waren! Sie müssen also ziemlich stark gewesen sein. Großartig und ein tolles Geschenk! Da wir das Auto noch bis knapp 6 PM hatten entschlossen wir uns noch zu den Hidden Lakes zu fahren. Es hatte bereits geschneit und schneite bei unserer Abfahrt noch immer. Zu viert hatten wir einen schönen Nachmittagsspaziergang im Schnee und kochten später noch zusammen eine Gemüselasagne. Der Abend endete für mich mit ein paar Runden Schach. Whitehorse ist die größte Stadt im Yukon und hat gleichzeitig die meisten Einwohner in der ganzen Provinz. Dennoch muss ich erst einmal schauen, was man hier überhaupt machen kann. Nächste Woche wechsel ich zu einer Familie und helfe dort aus. Meine Hauptaufgabe wird wohl darin bestehen beim Winterholz zu helfen und ich wurde bereits gefragt, ob ich mit zu einem Streichkonzert möchte. Außerdem hat die Familie Kinder und vielleicht werde ich da auch mal aushelfen? Wird sich zeigen. Bis dahin werde ich die Zeit irgendwie rumbringen müssen. Bisher habe ich hier bereits viele Leute kennengelernt, da wird sich sicher schon irgendwas ergeben.

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Euer Christian

PS: Ist nicht vor dem Liquor Store entstanden, aber es schaut so aus, als wenn der Hund auf sein Herrchen wartet um ihn nach Hause zu fahren 😀

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4 Gedanken zu „It´s all about Whitehorse“

  1. Wow, wow, wow!!!! Mehr fällt mir nicht ein! WOW!!!!!! Sprachlos schöne Bilder und Geschichten, mein kleiner Bruder wächst über sich hinaus, ich bin so stolz auf Dich und hab dich über alles lieb! ❤️

  2. Nordlichter und Fritten XD- genia. Es ist echt schön zu sehen, was du so alles erlebst und noch viel schöner, dass wir teilhaben dürfen =) Ich bin schon ganz gespannt was dir in der Familie für kleine Abenteuer wiederfahren werden =) BIs dahin:Gute Reise 😉

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