Unerwartet in Prince Rupert

Highway of tears

“Kräh, kräh!” Das schwarze Federvieh steht etwa acht Meter entfernt. Es beobachtet mich. Legt den Kopf etwas schief. „Kräh, kräh!“ Er spannt die Flügel und erhebt sich auf die Stromleitung, die neben dem Highway 16 gespannt ist und schaut mich wieder an. Irgendwie fühle ich mich unwohl dabei. Krähen sind oft auch Symbole des Todes. Ich stehe also gerade nicht einmal fünf Minuten und versuche zu trampen, da gesellt sich diese Art von Vogel in meine Nähe. Gerade wenn bedacht wird, dass der Highway 16 auch der Highway der Tränen genannt wird, weil dort viele Mädchen verschwunden sind während sie versucht haben zu trampen. Mulmig war mir schon ein bisschen. Dennoch streckte ich meinen Daumen raus und hielt wacker mein Schild mit der Aufschrift: „Smithers“. Auto für Auto raste an mir vorbei. Es war frisch. Nicht unbedingt kalt, aber es war eindeutig, dass der Herbst ins Rollen kommt und es gen Winter zugeht. Innerlich stellte ich mich wieder auf eine lange Wartezeit ein und plante bereits einen Backup Plan. Oder so etwas in die Richtung. Da hielt ein Wagen an. Nach ca. 40 Minuten. Ich mochte nicht an die Mädchen denken, die somit ihr Schicksal besiegelten.

Erik und Karen

Natürlich war dies gleich unser erstes Thema. Erik war auf dem Weg zur Arbeit und entschloss sich kurzerhand mich mitzunehmen. Wir beide verstehen es nicht warum Menschen so etwas anderen Menschen antun (so wie viele sicher auch^^). Offensichtlich steckt hinter den Morden auch ein rassistisches Motiv, denn überwiegend sind Indianerinnen unter den Opfern zu finden. Schnell kamen wir aber auch an andere Gesprächsthemen und mehr und mehr verstanden wir uns richtig gut. Er fragte mich was es in Smithers denn gibt. Ich erzählte ihm von meinen (neuen) Plänen und den gescheiterten anderen Plänen zuvor. Er bot mir an mich bis zur Kreuzung Richtung Whitehorse mitzunehmen oder auch gleich ganz bis nach Prince Rupert. Dort könnte ich eine Fähre nach Alaska nehmen und dann gen Osten zum Yukon reisen. Der Gedanke faszinierte mich! Kurzerhand änderten sich meine Pläne wieder einmal und ich war also auf dem Weg nach Prince Rupert. Wir pausierten bei Karen, einer Freundin von ihm, in Bruns Lake. Er hat sie kennengelernt auf einer seiner Reisen und besucht die mittlerweile 70 jährige ein paar Mal im Jahr. Ich durfte mitkommen und es gab neben einer leckeren Suppe (und Kalechips, so verdammt lecker!!) auch zahlreiche interessante Gesprächsthemen. Das Haus alleine war schon ziemlich cool! Eine Rundkuppel und irgendwie ziemlich abgefahren…Wir machten noch eine kurze Steppvisite durch ihren Garten und rollten dann wieder auf den Weg durch das sehr abwechslungsreiche BC. Karen hatte mich zusätzlich eingeladen auf meinem Rückweg gerne vorbeizuschauen. Kanadier, eh?

Hamburg oder was?

Ich hatte anfangs etwas Bedenken bezüglich der Länge der Fahrt bei guten 700 Km, doch wir hatten wirklich viel (sogar sehr persönliches) zu schnacken. Er bot mir an, dass ich gerne bei ihm vorbei kommen kann, wenn ich mal wieder in Darfield bin, denn dort wohnt er. Erik kennt dort alle guten Hiking Routen und schlug auch gemeinsame Kanu oder Kajaktouren vor. Natürlich for free. Einfach genial! Ich werde darüber ernsthaft nachdenken, denn ich habe vor Marlene und Larry ebenfalls noch einmal zu besuchen. Das würde dann definitiv passen! Gegen 8 PM erreichten wir im Dunkeln Prince Rupert. Es schiffte. Ich fühlte mich an Hamburg erinnert. Es änderte sich aber nicht nur das Wetter, sondern auch die Flora und Fauna. Regenwald ist in dieser Gegend eher heimisch. Er schlug mir das Hostel Pioneer Inn vor und wartete sogar auf mich, dass auch auf jeden Fall ein Zimmer frei ist. Ich bedankte mich vielmals für die tolle Fahrt und sein Angebot bezüglich der Einladung zu sich nach Hause und schleppte mein Zeugs in das Achtbettzimmer. Dort machte ich mir erst einmal klar, dass ich weiter gekommen war als ich zu träumen wagte… und Highway 16 überstanden hatte.

Prince Rupert

Ist…ja…okay. Gut tat allerdings mal wieder unter verschiedenen Menschen zu sein. Was bietet sich da mehr an als ein gemischtes Zimmer in dieser Größe? Am Mittwoch machte ich mich mit der Stadt vertraut und wanderte etwas ziellos umher. Am späteren Nachmittag ging ich noch mit Patrick zu einem Hike. Patrick ist ein Schweizer und wir hatten viel zu lachen während wir unterwegs waren. Ich erinnere mich nur zu gern an den Hund, der um die Ecke gefegt ist und wir uns beide so dermaßen erschreckt hatten, da wir dachten es sei ein Wolf! LOL. Seit dem ich die Lodge verlassen habe esse ich wieder ungesünder. Kekse, Schokolade, Nudeln…irgendwie bin ich zu geizig für besseres Essen. Verdammt! Dabei lachen mich die Weintrauben im Supermarkt so verzückend an… so gemein. Anyway, Prince Rupert bietet zu dieser Jahreszeit nicht mehr wirklich viel. So freue ich mich zumindest über günstigere Preise durch den Wechsel zur Wintersaison im Hostel. Mein Plan bezüglich eines möglichen Besuches Alaskas wurde nicht nur durch die wirren Fährenzeiten und den Visabeantragungsdschungel leicht gestört, sondern durch einen weiteren deutschen Hostelgast völlig gekippt. Er ist auf den Weg in den Yukon und kann mich nach Whitehorse bringen. Zufall? Schicksal? Whatever! Wir einigten uns bezüglich der Fahrt und werden uns kommenden Sonntag auf den Weg machen. Geplant sind etwa zwei Tage. Wie gesagt. Ich werde mich nie wieder über die Berlinfahrt von 3 Stunden beschweren. Oder generell. Zwar mag es hier Interessanteres zu sehen geben, aber europäische Wege sind irgendwie lächerlich im Vergleich. Immerhin habe ich dann nicht halb Kanada durchfahren, sondern gerade einmal einen kleinen Bruchteil einer ganzen Provinz und dort oben ist ja auch noch der ganze Yukon. Fuck yeah!

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Zeitvertreib bis dahin

Keine Ahnung wie genau. Ich genieße es mal nichts zu machen. Einfach abschalten und abgammeln. Heute ist hier irgendwo Oktoberfest und Curling. Vielleicht gehe ich dahin? Mal sehen. Mittlerweile hat sich noch eine Schweizerin zu unserer Fahrt Richtung Whitehorse dazugesellt. Bisher macht die Gruppe so einen super Eindruck und wir haben schon viel gelacht. Sehr viel 😀 Und es gab den Abend endlich mal wieder etwas gesundes. So Kartoffel, Karotten, Zwiebeln und so Zeugs. Irgendwie ist es ein wenig zerkocht und sie nannte es liebevoll Pampe, geschmeckt hat es aber dennoch *thumbsup*. Ansonsten versuche ich dem Regen auszuweichen. Ist gar nicht so leicht. Außerdem habe ich endlich einen Host gefunden! In Whitehorse. Eine kleine Familie die Hilfe braucht. Mit Kindern. Das könnte spannend werden…ich und Kinder. Weiß ja nicht XD Aber hauptsächlich werden ich wohl beim Winterholz helfen. Na mal sehen. Losgehen wirds am 13. Oktober. Ansonsten wird es genauso sein wie bisher auch: Irgendwas wird schon passieren, auch wenn es nicht das ist, was ich erwarte.

Euer Christian

http://www.highwayoftears.ca/

2 Gedanken zu „Unerwartet in Prince Rupert“

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